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Freundschaften beenden und soziale Beziehungen „ausmisten“

Die Prinzipien des Minimalismus, wie ich ihn definiere – sich aufs Wesentliche konzentrieren und nur das haben, was man braucht oder einen glücklich macht – lassen sich auch auf Nicht-Materielles anwenden. Dazu folgt noch ein separater Beitrag, der dieses Thema allgemein behandeln wird. Zunächst habe ich mich aber einem speziellen Aspekt gewidmet: Verabredungen, Bekanntschaften und Freundschaften.

 

Mit dem Entrümpeln meiner Wohnung fing mein Weg in den Minimalismus an. Doch schon bald erstreckte sich die Lebenseinstellung, mich nur mit etwas zu umgeben, das ich brauche oder liebe, auch auf andere Aspekte meines Lebens, zum Beispiel soziale Beziehungen. Heute versuche ich, nur Verabredungen zuzusagen, die ich auch wirklich einhalten möchte. Und ich verbringe keine oder kaum Zeit mit Menschen, die mir nicht guttun.

Verabredung zusagen? Ein kleiner Trick hilft bei der Entscheidung

Sicher kennst Du das: Vor einigen Wochen hast Du einer Verabredung zugesagt – sei es ein Karaoke-Abend mit Kollegen oder das Frühstück mit einer Bekannten – und wenn der Zeitpunkt gekommen ist, hast Du überhaupt keine Lust hinzugehen. Früher ist mir das oft so gegangen, weil ich im Moment der Entscheidung dachte: „Das ist ja erst in ein paar Wochen, da habe ich dann sicher Lust! Wird doch bestimmt lustig!“ Häufig habe ich dann – und ich bin nicht stolz drauf! – die Verabredung kurzfristig abgesagt. Weil das kein schöner Zug ist, versuche ich mittlerweile, mir schon vor der Zusage ganz genau zu überlegen, ob ich die Verabredung wirklich eingehen möchte. Es gelingt mir noch nicht immer, denn ich verspüre manchmal den sozialen Druck, Ja zu sagen, um den Fragesteller nicht vor den Kopf zu stoßen. Doch ich werde immer besser, Übung macht halt auch hier den Meister.

 

Aber woher soll man jetzt wissen, ob man Tage oder Wochen später Lust auf das Treffen hat? Ein kleiner Trick hilft dabei: Stell Dir vor, die Verabredung fände nicht erst in der mittelfristigen Zukunft statt, sondern gleich morgen. Hättest du Lust, hinzugehen? Wenn nicht, ist das ein guter Indikator, dass du auch zu dem eigentlichen Termin keine Lust haben wirst.

 

Und wie sagt man dem anderen nun ab, ohne ihn vor den Kopf zu stoßen? Meine Überzeugung ist: Jeder von uns sollte lernen, Nein zu sagen – auch zu Menschen, die wir mögen. Auf das „Wie“ kommt es an. Zugegebenermaßen bin ich hier nicht das beste Vorbild, da es mir nicht immer gelingt, einfühlsam zu sein. Beim Thema Treffen habe ich aber mittlerweile etwas Übung und es fällt mir gar nicht so schwer: Ich sage einfach, wie es ist! Zum Beispiel, dass ich schnell gestresst bin, wenn ich zu viele Termine in meiner Freizeit habe, und daher noch nicht einschätzen kann, ob mir die Verabredung an dem betreffenden Tag nicht zu viel wird. Ich biete an, spontan Bescheid zu geben. Wenn man sofort eine Antwort von mir braucht, muss ich leider absagen. Das entspricht der Wahrheit und ich stehe zu mir und meinen Bedürfnissen.

Meine Gründe, um Bekanntschaften und Freundschaften zu beenden

Wenn man dagegen nie Lust hat, sich mit bestimmten Personen zu treffen, könnte das ein Zeichen sein, dass man diese Bekanntschaften oder Freundschaften eventuell „ausmisten“ sollte. Natürlich schaut man sich zuerst die Gründe an: Warum habe ich keine Lust auf ein Treffen? Ich habe bei mir folgende Gründe festgestellt:

  • Ich mag mich selbst nicht, wenn ich mit dem anderen zusammen bin.
  • Ich empfinde den anderen als überwiegend negativ eingestellt, er jammert ständig oder regt sich über alles auf.
  • Die Beziehung ist unausgeglichen: Es geht nur um den anderen (das ist phasenweise völlig ok, sollte sich aber über den Verlauf der Freundschaft die Waage halten).
  • Der andere interessiert sich überhaupt nicht für mich (klingt ähnlich wie der Grund oben, ist aber meiner Erfahrung nach unterschiedlich, denn beim obigen Punkt kann durchaus Interesse für mich da sein, doch die Probleme des Gegenüber überwiegen thematisch meine „Nicht-Probleme“).

Der erste Punkt – dass ich mich selber in der Gegenwart des anderen nicht mag – ist oft verknüpft mit den anderen Gründen. Ich mag mich zum Beispiel nicht, wenn ich reaktiv bin, mich aggressiv oder genervt fühle und das manchmal auch zeige. Daran hat natürlich nicht nur der andere Schuld. Aber diese Gefühlslage ist für mich durchaus ein Hinweis, dass etwas in der Beziehung nicht in Ordnung ist und mir nicht gut tut.

 

Erst dann, wenn eine Beziehung mir nicht gut tut, öffne ich mich für die Möglichkeit, sie zu beenden. Leichtfertig gehe ich damit nicht um! Schließlich sind vor allem Freundschaften sehr wertvoll und oft über Jahre gewachsen. Doch wenn sie mir schon länger kaum positive Gefühle vermitteln, sondern mich nur Energie kosten, dann läuft definitiv etwas falsch. Wie ein eigenständiger Organismus entwickeln und verändern sich Freundschaften. Schließlich verändert sich meist jede ihrer beiden Komponenten – der andere wie auch ich selbst. Das ist in Ordnung, sogar unausweichlich und wünschenswert. Denn Stillstand bringt uns nicht voran.

 

Es kann natürlich sein, dass man sich dabei auseinanderentwickelt und irgendwann nicht mehr zueinander passt. In diesen Fällen mag es auch nicht viel helfen, mit dem anderen darüber zu sprechen. Schließlich gibt es kein bestimmtes Problem, das beide lösen könnten. In anderen Fällen kann es natürlich sehr sinnvoll sein, zunächst das Gespräch zu suchen und dem anderen zu sagen, dass man in der Beziehung gerade nicht so glücklich ist. Ich habe das zum Beispiel gemacht, als eine Freundschaft zunehmend unausgeglichen wurde, mir sehr viel Energie zog, aber wenig positive Energie zurückgab. Meine Freundin war zwar sichtlich erschüttert über meine recht klaren Worte, aber auch sehr verständnisvoll – sie konnte nachvollziehen, wie es mir geht. Nicht zuletzt diese Reaktion von ihr war für mich ein deutliches Zeichen, dass ich sie als Freundin behalten möchte und die Freundschaft es wert ist, an ihr zu arbeiten.

Freundschaft beenden: Schlussmachen versus Ausschleichen

Kommunikation kann bei einer Freundschaft also ähnlich wie in einer Partnerschaft Wunder wirken. Doch beim Thema „Schlussmachen“ können sich die beiden Beziehungen stark unterscheiden. Bei einem Partner ist ein klarer Schnitt wünschenswert, weil es sich um eine so intime Beziehung handelt, die halbgar nicht weiterexistieren kann und sollte. Das ist bei einer Freundschaft oft anders. Darauf hat mich meine Schwester gebracht, als ich mit ihr über das Thema Freundschaft beenden gesprochen habe: Sie meinte, dass man Freundschaften besser „ausschleichen“ lässt, statt sie mit einem Knall zu beenden, der beide verletzt. So lässt man sich und dem anderen die Möglichkeit, irgendwann wieder zueinander zu finden und den Kontakt ohne große Überwindung erneut aufzunehmen. Bei Freundschaften und auch Bekanntschaften, die ohnehin nicht mehr passen (oft ist das ja für beide Beteiligten so), funktioniert das Ausschleichen ziemlich gut. Man meldet sich seltener, trifft sich weniger und irgendwann spiegelt sich die Distanz, die man im Inneren schon spürte, auch im Außen wider.

 

Bei einer Bekannten habe ich das so gehandhabt. Früher haben wir uns alle paar Wochen getroffen. Jedes einzelne Mal habe ich festgestellt, dass sie sich überhaupt nicht für mich interessiert. Bis auf das obligatorische „Wie geht’s Dir?“ bei der Begrüßung hat sie nie etwas über mich gefragt! Der Fokus lag ausschließlich auf ihr. Darüber hinaus hat sie sich ständig über alles beschwert, vor allem ihre Arbeit, Kollegen und Chefs. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass sie so gut wie nichts über mich weiß. Vor Jahren schon habe ich sogar mit ihr darüber gesprochen, dass das ein Problem für mich ist. Ohne Erfolg. Sie meinte, dass sie ein Typ sei, der darauf vertraut, dass der andere schon redet, wenn ihm danach ist. Aber die Krux ist: Ich bin dafür nicht das passende Puzzleteil. Ich möchte mich anderen nicht aufdrängen und ihnen ein Gespräch über mich aufzwingen. Ich teile etwas von mir mit, wenn ich mich danach fühle und wenn ich das Gefühl habe, dass es beim anderen gut aufgehoben ist. Wenn der andere aber offensichtlich nicht interessiert genug an meinem Innenleben ist, um aktiv nachzufragen, halte ich einfach meinen Mund. Für mich eine unschöne, untypische Passivität. Außerdem ist mir meine Zeit zu schade, um als austauschbarer Stichwortgeber zu fungieren.

 

So habe ich mir irgendwann länger Zeit gelassen, auf ihre Nachrichten zu antworten, auf ihre Terminvorschläge ausweichend reagiert und selbst keine mehr gemacht. Das ist nicht unbedingt schön und man fühlt sich nicht gut dabei. Aber wozu nochmal eine Aussprache suchen, wenn es die Bekanntschaft eigentlich nicht wert ist und man sie auch nicht retten möchte? Klingt hart, aber so sehe ich das wirklich. Wozu dem anderen noch ehrlich sagen, was man von ihm hält, nur weil der andere einfach nur anders ist, in diesem Fall leider inkompatibel mit dem eigenen Charakter? Das bringt doch nichts (offensichtlich, da ja das erste Gespräch mit dieser Bekannten nichts verändert hat). Noch dazu hält man den anderen ja nicht ewig hin: Es handelt sich um zwei, drei ausweichende Antworten und dann lässt das Gegenüber die Bemühungen meist ohnehin fallen. Wenn man sich dann irgendwann auf der Straße trifft, kann man nett zueinander sein und sich sogar freuen, ohne ein blödes Gefühl zu haben oder unangenehme Stimmung fürchten zu müssen.

 

Das Thema Freundschaften beenden und soziale Beziehungen „ausmisten“ ist sicher für die meisten, auch für mich, kein schönes Kapitel. Aber in meinen Augen ist es manchmal (zum Glück sehr, sehr selten) unausweichlich, wenn ich meinen Prinzipien treu bleiben will: Ich möchte mich nicht mit äußeren Zwängen unfrei machen und Beziehungen leben, die mich nicht glücklich machen. Ich möchte Strukturen schaffen, in denen es mir gut geht. Ich möchte für andere da sein, aber ihre Bedürfnisse nicht über meine stellen. Das ist ein Ansatz, der sich für mich richtig anfühlt! Ich könnte mir vorstellen, dass es viele Menschen gibt, die das anders sehen. Was denkst Du darüber? Ich würde mich über einen Kommentar unten freuen!

 

Bis bald

Deine Silke

 

Live lightly. Consume mindfully.


Meine Tipps für heute:

 

Eher kein Tipp, sondern ein Vorschlag: Schreib Deinem besten Freund/Deiner besten Freundin heute einfach mal eine Nachricht oder ruf ihn/sie an, um zu sagen, wie dankbar Du für eure Freundschaft bist und was Du an ihm/ihr schätzt.

 


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